Salesianische JUGENDSPIRITUALITÄT erklärt

Don Bosco war nicht nur ein großer und begnadeter Erzieher, er war vor allem auch Jugendseelsorger und geistlicher Lehrer seiner Jugendlichen.
 Die drei Jungen, über die er eine eigene kleine Biographie geschrieben hat, zeigen das: Michael Magone, Franz Besucco und allen voran der hl. Dominikus Savio. In ihren Lebensgeschichten zeigt sich, wie Don Bosco ihnen geholfen hat, auf eine jugendgemäße Weise Jesus Christus  nachzufolgen. 
 
Don Bosco wusste, dass es nicht nur unterschiedliche Formen des Christseins in den jeweiligen geistlichen Traditionen gibt (z.B. in der benediktinischen, der franziskanischen  oder der jesuitischen Schule). Sondern es braucht auch eine Lebens- und Glaubensgestalt, die dem jeweiligen Lebensalter entspricht (Kindheit, Jugend, reifes Erwachsenenalter, Alter).  Ohne selbst das Wort zu kennen, lud Don Bosco seine Jugendlichen zu einer ihnen angemessenen „Jugendspiritualität" ein. 
 
Was aber bedeutet dieses so schwierig klingende Wort? „Spiritualität" 
 
Das Wort „Spiritualität" kommt vom lateinischen Wort für „Geist" („spiritus") und erinnert an den Hl. Geist, die Lebens- und Liebeskraft Gottes. Heute ist das Wort „Spiritualität" zu einer  Art Modewort geworden, und es wird alles Mögliche darunter verstanden. Darum wird zurzeit viel über das Wort und seinen Inhalt nachgedacht. Es hat schon sehr viele Versuche  gegeben, es zu definieren. Im christlichen Sinne könnte man „Spiritualität" z.B. so umschreiben: Christliche Spiritualität ist das Leben im und aus dem Geist Jesu Christi in der heutigen Weltin seiner Nachfolge auf der Basis des Evangeliums. 
 
„Jugendspiritualität" 
 
Schon Jesus selbst hat einen jungen Mann in seine Nachfolge gerufen (Mt 19,16-21). Zur Nachfolge Christi und zum Leben in seinem Geist sind also nicht nur Erwachsene berufen, sondern auch schon Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Glauben ist nicht nur etwas für alte Menschen! Alle dürfen, sollen und können auf eine ihrem Alter gemäße Weise Jesus Christus nachfolgen. 
 
Was ist nun typisch für eine jugendgemäße Art der Nachfolge? Darauf wird es wohl verschiedene Antworten geben können. Und ohne Zweifel gehören Elemente dazu, die auch  für alle anderen Christen bedeutsam sind (z.B. das Leben aus dem Wort Gottes und das Leben aus den Sakramenten). Jugendlichen ist es aber oft ganz besonders wichtig, dass  sich der Glaube auch zeigt in Lebensfreude und Kreativität, in der Erfahrung von Freiheit und zwanglosem Miteinander und im selbstlosen Engagement für Frieden, Gerechtigkeit und die  Bewahrung der Schöpfung. 
 
„Salesianische Jugendspiritualität" 
 
Junge Menschen, die sich in der „salesianischen Jugendspiritualität" üben, richten sich in ihrem Leben ganz besonders an Don Bosco und Maria Mazzarello aus. Die „salesianische Jugendspiritualität" wird von zahllosen Jugendlichen auf der ganzen Welt gelebt, die sich mit Don Bosco und  Maria Mazzarello, ihrem Engagement für bedürftige junge Menschen, ihrer Pädagogik, dem „Präventivsystem", und ihrem Geist identifizieren. Sie heißt deswegen „salesianisch", weil für Don Bosco der hl. Franz von Sales (1567-1622) in seiner Güte und Menschenfreundlichkeit ein großes Vorbild war. 
 
Der Lieblingsschüler Don Boscos, der hl. Dominikus Savio, hat das, was „salesianische Jugendspiritualität" meint, einmal so auf den Punkt gebracht: „Bei uns besteht die Heiligkeit in der Freude!" Und das bedeutet letztlich nichts anderes als: an Jesus Christus, den Auferstandenen, zu glauben und auf ihn zu hoffen, im Alltag aus der froh machenden  Botschaft des Evangeliums zu leben und diese Freude mit anderen zu teilen. 
 
Was heißt all das nun konkret? Im Gespräch und in der Reflexion mit Jugendlichen, die sich mit Don Bosco identifizieren, haben sich fünf Kernpunkte der salesianischen Jugendspiritualität herauskristallisiert: 
 
1. Salesianische Jugendspiritualität ist eine Spiritualität des Alltags
Jesus Christus will uns in unserem gewöhnlichen und manchmal grauen Alltag begegnen, da wo wir leben, lernen oder arbeiten. In Ereignissen und Begegnungen des Alltags dürfen wir seine wirkende und liebende und manchmal auch herausfordernde Gegenwart erkennen. Deswegen sollen und dürfen wir das Leben als Geschenk annehmen und lieben. Im Alltag, da wo wir hingestellt sind, werden  wir von Christus angerufen und dort sollen wir im Geist des Evangeliums unser Leben gestalten. Dabei können v. a. die Seligpreisungen (Mt 5,1-12) leitend sein. 
 
2. Salesianische Jugendspiritualität drückt sich aus in Freude und Optimismus
Franz von Sales und Don Bosco waren geprägt von einem positiven Gottes-, Weltund Menschenbild. Für sie war das Evangelium vor allem Frohbotschaft. Sie  glaubten an die Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes, die sich in der Auferweckung Jesu zeigt. Deshalb drückt sich salesianische Jugendspiritualität in Grundhaltungen der Freude, der Hoffnung und des Optimismus und im Glauben an das Gute im anderen Menschen aus. Sie zeigt sich aber auch in Ausdrucksformen des Frohsinns und der Geselligkeit, der Kreativität, des Theaters und der Musik, des Sportes und des Spieles usw. 
 
3. Salesianische Jugendspiritualität lebt aus der Freundschaft mit Jesus Christus, dem auferstandenen Herrn
Die freundschaftliche und vertrauensvolle Beziehung zu Jesus Christus, dem Bruder und Herrn, ist die Basis und die Quelle allen christlichen Lebens. Die lebendige Beziehung mit Christus ist darum auch die Mitte der salesianischen Jugendspiritualität. Für Don Bosco war Jesus Christus vor allem der Gute Hirte, der die Seinen kennt, sich um sie sorgt und sein Leben für sie hingibt (Joh 10). Das zeigt schon der Berufungstraum des neunjährigen Johannes. Wie den Emmausjüngern so bietet der Auferstandene allen seinen Jüngern, besonders auch den jungen Menschen, sein Weggeleit an, ermutigt sie durch sein Wort und stärkt sie durch das Brot des Lebens (Lk 24,13-35). 
 
4. Salesianische Jugendspiritualität vollzieht sich innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft
Glauben kann keiner für sich allein. Der Glaube drängt auf die Gemeinschaft der Glaubenden, die Kirche, denn er braucht das Zeugnis, die Ermutigung und manchmal auch die Korrektur durch die Anderen. So war auch Don Bosco ein Mensch des Miteinanders. Seine Jugendlichen sollten im Oratorium einen Ort der Annahme und der Familiarität erfahren, wo sie im Glauben wachsen konnten. Auch wenn es in der Kirche manchmal allzu menschlich zugeht, so ist sie doch die Gemeinschaft der Glaubenden, in der Gott wirkt und die jeden auf seinem Suchweg  begleiten und ihn stärken möchte - insbesondere durch die Verkündigung des Wortes Gottes und die Feier der Sakramente. Daran erinnert auch Maria, die Hilfe der Christen, die die Mutter aller Glaubenden und darum die Mutter der Kirche ist. 
 
5. Salesianische Jugendspiritualität vollendet sich im verantwortlichen und selbstlosen Dienst
Christ sein zu dürfen ist ein Geschenk. Doch Christ ist man nicht für sich selbst. Christ sein beinhaltet auch eine Sendung zum Zeugnis in dieser Welt. Das meint die selbstlose Caritas (Nächstenliebe) und die gelebte Diakonie (Dienst), den Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung.  Salesianische Jugendspiritualität ist apostolisch. Don Bosco hat seine Jugendlichen immer wieder zum Engagement untereinander und für die Bedürftigen eingeladen.  Er wusste: Die besten Jugendapostel sind die Jugendlichen selbst. So hat auch Papst Johannes Paul II. die Jugendlichen immer wieder aufgefordert, „Baumeister  einer gerechteren Welt" zu sein. Die Verwirklichungsformen sind vielfältig:  ehrenamtliches Engagement, Volontariat, Freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr, Zivildienst, politisches Engagement, Ergreifen eines sozialen oder kirchlichen  Berufes. Immer geht es aber darum, nach den eigenen Möglichkeiten Zeuge Jesu Christi und Mitarbeiter am Reich Gottes zu sein. 
 
Diese fünf Kernelemente sind ein Versuch, in aller Kürze zu beschreiben, was sich unter den von Don Bosco geprägten Jugendlichen überall auf der Welt zeigt. Sie „sind" nicht Salesianische Jugendspiritualität. Denn diese begegnet vor allem im gelebten Alltag abertausender von Jugendlichen, in unzähligen salesianischen  Häusern und Einrichtungen, bei salesianischen Jugendtreffen und überall da, wo ein junger Mensch im Geiste Don Boscos sein Leben auf Jesus Christus ausrichtet. Vielleicht mögen manchem diese Kernpunkte der salesianischen Jugendspiritualität für die Verwirklichung allzu schwer und zu hoch vorkommen.

 

Doch eine große Zahl  beispielhafter junger Menschen zeigt, dass diese Orientierungen zu einem gelingenden und frohen Leben führen können, wenn man bei Don Bosco in die Schule geht. Der Generalobere der Salesianer Don Boscos, Don Pascual Chávez, kennt diese beispielhaften Jugendlichen „die Früchte des Präventivsystems" und stellt sie den jungen Menschen von heute als Beispiel und Ermutigung vor Augen. 
 
P. Reinhard Gesing SDB

 

Foto: Salesianer Don Boscos